[Translate to English:] Editionsprinzipien

[Translate to English:] Den unter Konzeption dargelegten Vorgaben entsprechend werden im Rahmen der Gesamtausgabe Notentexte vorgelegt, die sich sowohl hinsichtlich ihres Orts im Kompositionsprozeß als auch in ihrer Geltung als Werk, in ihrem Werkcharakter, beträchtlich voneinander unterscheiden. Dem haben die Editionsgrundsätze Rechnung zu tragen: Der Werkedition auf der einen Seite steht die Quellenedition auf der anderen gegenüber; die Ausgabe der vollendeten Kompositionen zielt auf einen authentischen Text des Werkes, dem nach kritischer Sichtung aller verfügbaren Quellen eine oder mehrere Hauptquellen zugrunde liegen, der Abdruck der Skizzen dagegen soll den Text der jeweiligen Quelle so getreu wie möglich wiedergeben.
Die Gesamtausgabe nimmt für sich in Anspruch, eine wissenschaftliche zu sein und doch zugleich der musikalischen Praxis zu dienen. Resultiert aus dem ersten Anspruch die Forderung, das überlieferte Quellenmaterial lückenlos zu erfassen und kritisch auszuwerten, so aus dem zweiten, die Kompositionen, deren Aufführung möglich und intendiert ist, in einer Form vorzulegen, die der praktischen Realisierung förderlich ist.
Das Kriterium der Aufführbarkeit – und im Zusammenhang damit die Frage des kompositorischen Ranges – betrifft die Fragmente. Grundsätzlich muß die Behauptung verneint werden, daß das Nichtvollendetsein an sich eine Wertminderung impliziert – zumal wenn man die hohe Bedeutung von Fragmenten Schönbergs, etwa von Moses und Aron, in Betracht zieht. Dies vorausgesetzt, ist die Frage nach dem Gewicht von Fragmenten auf die nach ihrem Umfang und dem Grad des Definitiven im Produktionsprozeß zu reduzieren. Ein Urteil darüber beantwortet in der Regel auch die Frage nach der Aufführbarkeit.
Bei den unvollendeten Kompositionen sind wenigstens vier Stufen zu unterscheiden:
- Fragmente, die nicht über das Entwurfsstadium hinausgelangt sind (z. B. in Band 18, 3 der Reihe B Fragment 7, S. 71f.: Apostatenmarsch);
- Fragmente, die zwar als Niederschrift vorliegen, deren Notentext aber so kurz oder lückenhaft ist, daß die kompositorische Konzeption nicht deutlich wird (z. B. in Band 18, 3 der Reihe B Fragment 9, S. 77ff.: Des Friedens Ende);
- Fragmente, deren definitiv niedergeschriebener Notentext so umfangreich ist, daß die kompositorische Konzeption klar wird, bei denen aber wesentliche Bereiche offengelassen oder unvollständig bezeichnet sind (z. B. in Band 3 der Reihe B S. 248ff. „Gethsemane“ Lautlos steht der starre Hain der Palmen sowie in Band 18, 3 der Reihe B Fragment 5, S. 22ff.: Darthulas Grabgesang);
- Fragmente, die ins definitive Stadium des Kompositionsprozesses gelangt, als Niederschrift überliefert, in allen wesentlichen Bereichen bezeichnet und so lang sind, daß weder über die kompositorische Konzeption noch über die Grundlagen einer Aufführung Zweifel bestehen können (z. B. in Band 8 der Reihe A Moses und Aron).