Vorwort zu Band 18, 3 B

Im vorliegenden Band werden Fragmente und Entwürfe von Chorwerken und Kanons vorgelegt, im Nachtrag und in den beiden Kanon-Abteilungen auch einige vollendete Stücke, die erst nach Erscheinen des Bandes 18 der Reihe A entdeckt wurden.

Einen ersten Teil innerhalb des Bandes bilden die Chorfragmente, deren Entstehungszeit sich von Schönbergs ersten Anfängen als Komponist bis in die Zeit der Komposition von Friede auf Erden op. 13, dem ersten vollendeten und mit einer Opuszahl versehenen Chorwerk, erstreckt (unsicher ist die Datierung des Fragments 10). Das bei weitem bedeutendste Fragment liegt mit dem im Jahre 1903 entstandenen Fragment 5, Darthulas Grabgesang (nach Ossian von J. G. Herder), vor, dessen Ton an den der Gurrelieder anknüpft.

Die im zweiten Teil des vorliegenden Bandes veröffentlichten Kanon-Entwürfe bilden zusammen mit den in Band 18 A herausgegebenen Kanons und den in Band 18 B 1 abgedruckten Skizzen einen abgeschlossenen Komplex, dessen Umfang einen eigenen Band gerechtfertigt hätte, wäre die Fülle des Materials zu Beginn der Arbeiten an diesen Bänden bereits absehbar gewesen. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder neue Kanon-Entwürfe entdeckt, auch tauchten neue Quellen zu bereits edierten Kanons auf. Mit den 35 in Band 18 A herausgegebenen vollendeten Kanons, den Kanons aus op. 28, den elf Goethe-Kanons (die z. T. vollendet, z. T. unvollendet sind), den 66 Kanon-Entwürfen mit zwei weiteren vollendeten Kanons und den drei als Nachtrag beigefügten vollendeten Kanons liegen damit mehr als 100 Stücke vor. Diese sind wiederum meist in mehreren Quellen überliefert, und zwar in einer Weise, daß die verschiedensten Überschneidungen entstehen; so finden sich beispielsweise zwischen den Skizzen der vollendeten Kanons eigenständige, jedoch nicht an anderer Stelle fortgesetzte Entwürfe. Es war Aufgabe der vorliegenden Edition, dieses in weit über 100 Einzelblättern und -bögen überlieferte Material einander zuzuordnen und so einer weiterführenden Auseinandersetzung überhaupt erst zugänglich zu machen. Aus der jeweiligen Quellenlage konnte zudem in vielen Fällen eine Datierung abgeleitet werden; die auf diese Weise entstandene (approximative) Chronologie gibt Zeugnis von Schönbergs lebenslanger Beschäftigung mit dieser Form des Kontrapunkts.

Angesichts der unübersichtlichen Quellenlage ist eine ausführliche Beschreibung der Kanonquellen unumgänglich; da viele Blätter keine Archivnumerierung tragen, ist die Identifizierung der auf ihnen niedergeschriebenen Stücke oft nur aufgrund dieser Beschreibung möglich.

Der Lesartenvergleich dient vor allem der Rekonstruktion der Quellenzusammengehörigkeit und der Datierung, textkritisch erweisen sich die Abweichungen zwischen den verschiedenen Quellen dagegen meist als belanglos.

Wenn der vorliegende Band auch in erster Linie eine Gemeinschaftsarbeit beider Herausgeber ist, lassen sich die Arbeitsgebiete doch etwa in folgender Weise aufgliedern: Quellenbeschreibungen und Textkritische Anmerkungen, Transkription der Skizzen und Fragmente, Lektorat (Tadeusz Okuljar); Einführung/Dokumente, Quellenbeschreibung und Textkritische Anmerkungen, Quellenbewertung, Zum Text, Datierung, Skizzen (Martina Sichardt).

Herzlicher Dank gilt den Mitarbeitern der Schönberg-Forschungsstelle, Herrn Nikos Kokkinis, der durch fachkundigen Rat unsere Arbeit förderte, und Frau Dorothee Schubel, die durch zahlreiche Einzelrecherchen zur Bereicherung des Bandes beitrug und durch Überprüfung des abgeschlossenen Berichts Fehler beseitigen half. Gedankt sei auch den Mitarbeitern des Arnold Schoenberg Institute in Los Angeles, besonders Herrn R. Wayne Shoaf, für die geduldige Beantwortung zahlreicher Anfragen.

Berlin, Dezember 1990
Tadeusz Okuljar, Martina Sichardt