Vorwort zu Band 14, 2 B

Der vorliegende Band bietet neben dem Kritischen Bericht zu den in Band 14, 2 der Reihe A erschienenen Fragmenten (Serenade für kleines Orchester [1896], Frühlings Tod nach Lenau für großes Orchester [1898] und Fanfare for a Bowl Concert on Motifs of Die Gurrelieder für Blechbläser und Schlaginstrumente [1945]) eine kommentierte Edition der zugehörigen Skizzen und Entwürfe einschließlich der innerhalb des Kompositionsprozesses ausgeschiedenen Takte bzw. Passagen sowie der nicht in Partitur gesetzten letzten 123 Takte des ebenfalls fragmentarischen Particells der symphonischen Dichtung Frühlings Tod. Vervollständigt wird dieser Teil durch den Abdruck der zur Entstehung der Fanfare überlieferten Briefdokumente.

Darüber hinaus enthält der Band sämtliche aufgrund ihrer Überlieferungsform nicht aufführbaren Fragmente von Werken für Orchester, die Schönberg aus verschiedenen Gründen nicht weiter ausgeführt hat. Die aus sämtlichen Phasen seiner schöpferischen Laufbahn stammenden Aufzeichnungen repräsentieren die unterschiedlichsten Stadien der Konzeption und gegebenenfalls Ausarbeitung. Sie reichen von den im Anhang abgedruckten kurzen Themen- und Melodieentwürfen bis zu gewichtigen Werkanfängen, deren Particell- bzw. Partiturentwürfe nicht nur eine präzise Klangvorstellung, sondern auch eine deutlich umrissene, im Fall der Symphonie von 1937 programmatisch motivierte Werkplanung von teils beachtlichem Ausmaß erkennen lassen. Bei den zwölftönig gearbeiteten Fragmenten manifestieren sich die vielfach ausführlichen Vorarbeiten in detaillierten Reihentafeln und

-apparaten, die im Rahmen der Edition ebenfalls mitgeteilt werden. Eine umfassende Kommentierung der einzelnen Entwürfe stellt Bezüge zu den im zeitlichen Umfeld entstandenen vollendeten Werken her und schärft den Blick für die übergeordneten kompositorischen Problemstellungen, von denen sich Schönberg bei der jeweiligen Werkkonzeption leiten ließ und die nicht selten einen Erklärungsansatz für das Scheitern bei der Umsetzung bieten.

Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang zwei Fragmente: Schönbergs letzte originäre Komposition für Orchester, der mit Lento überschriebene Satzanfang vom April 1948, dessen Reihe aus einem tonalen Instrumentalthema abgeleitet ist; das im März 1926 entstandene Passacaglia-Fragment, das ein wichtiges Bindeglied zwischen der Suite op. 29 und den Variationen für Orchester op. 31 darstellt und insofern von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung der Zwölftonmethode ist, als die zahlreichen Konzeptentwürfe Schönbergs methodisches Vorgehen bei der Suche nach einer das Prinzip der „all-combinatoriality“ erfüllenden Reihengestalt dokumentieren.

Abgerundet wird die Edition der Orchesterfragmente durch die ebenfalls im Anhang abgedruckten und kommentierten Entwürfe zur Bühnenmusik zu Schönbergs Sprechdrama Der biblische Weg (1927/1933) sowie die zur nie realisierten Musik zu dem Hollywood-Film The Good Earth (1935).

Da der Umfang und die Vielgestaltigkeit des Materials eine Aufteilung des Bandes auf zwei Herausgeber gebot, zeichnet Ralf Kwasny für die Notenedition und Ulrich Krämer für die kommentierenden Texte verantwortlich. Folgende Personen bzw. Institutionen haben die Herausgeber bei der Vorbereitung und Fertigstellung des vorliegenden Bandes auf vielfältige Weise unterstützt: Der Kulturfonds der VG Musikedition durch die Gewährung einer Sach- und Reisekostenbeihilfe; Eva Zillig (†) und die Mitarbeiter der Musikabteilungen der Bayerischen Staatsbibliothek und der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz durch die Hilfe bei der Suche nach einer verschollenen Quelle; Peter Ruzicka, Hamburg, durch die freundliche Überlassung einer Aufführungspartitur; die Archivare des Arnold Schönberg Centers, Wien, Therese Muxeneder und Eike Fess durch die kompetente Unterstützung bei der Quellen- und Archivarbeit vor Ort sowie die geduldige Beantwortung zahlreicher Anfragen; schließlich der „Spiritus Rector“ der Gesamtausgabe Rudolf Stephan, Berlin, durch die Bereitstellung von Photoabzügen, vor allem aber durch das Einbringen seines immensen Wissens- und Erfahrungsschatzes in zahlreichen Gesprächen und Diskussionen. Ihnen allen gilt unser Dank.

Berlin, im Oktober 2009
Ulrich Krämer, Ralf Kwasny